Aka

"Gut, dann hau ich mich aufs Ohr. Und morgen sollte ich mal bei Hisui vorbei", beschloss Tokomi und verzog sich in ihr provisorisches 'Wohnzimmer', um sich dort auf die Couch fallen zu lassen.

Arisu hatte sich in der Zeit neben Rikus toten Körper gehockt und strich ihm die zerzausten schwarzen Haare aus dem Gesicht. "War er ein guter Gegner?", fragte sie Rokudo neugierig. Sie hatte sich den Kampf zwar von ihrem 'Stockwerk', ein paar Plattformen, die direkt unter der Decke waren, angesehen, aber ein einzelner Kampf sagte nicht viel aus. Auch nicht die paar Worte, die sie mit ihm gewechselt hatte. Im Prinzip fragte sie Rokudo damit nach Rikus Persönlichkeit und nach seinem ganzen Leben. Der Junge war nicht älter als sie. 16 war ein normales Alter unter Ninjas. Ein uninteressantes, wenn man so wollte. Interessant wurden die Leute erst, wenn sie älter wurden.

Kuro hob den Kopf wieder, beäugte misstrauisch die Gruppe, mit der Mariko da reiste, ehe er auch ihnen die letzten Ereignisse schilderte.

"Er war...nervig. Zeitweise leicht vorhersehbar und der typische Held, wenn man so will. Die Sorte von Held, die sich zuerst eher in Richtung Bösewicht entwickelt und dann die Gegenrichtung wählt", meinte Rokudo und stellte sich hinter die Hellhaarige.
"Es war ein wenig zu leicht", murmelte er. Er hatte den Großteil des Kampfes ja nicht geführt. Aber er hatte nicht einen Mann dabei verloren. "Wie war dein Eindruck?"

"Er sieht zwar ganz süss aus, war aber extrem überheblich. Seine Augen mögen ihn zwar vor offensichtlichen Gefahren gewarnt haben, nicht aber vor Gefahren in sich selbst. Tokomi hat sich an ihm schlussendlich nur ausgetobt, wenn's auch zwischendrin kurz gefährlich wurde. Aber sieh ihn dir mal an. Bis auf den Chakraverlust praktisch keinen Kratzer. Und Kaito wurde zu sehr von persönlichen Gefühlen beeinflusst, sonst hätte es da schon anders aussehen können." Das war so inetwa ihre Analyse des Kampfes.

Rokudo schmunzelte.
"Analysiert du eigentlich noch immer jeden Kampf, der dir vor die Nase springt?", fragte er belustigt. Das hatte sie auch früher schon getan, um herauszufinden, was zum Sieg, oder zu der Niederlage führte. Wusste der Teufel warum sie das so genau wissen wollte.

"Na wenn die schon so lieb sind, mir vor die nase zu springen", antwortete Arisu schulterzuckend. "Aber so langsam verliere ich das Interesse. Es wird immer leichter, schon im.vorhinein zu sagen, wer gewinnen wird, zumindest wenn man gelegenheit hat, die Kontrahenten schon im Vorfeld zu beobachten. Das ist dann nicht mehr spannend", erklärte sie Rokudo. "Ausserdem scheint die Welt zunehmend nur noch von Idioten bevölkert zu werden, die nur glauben zu wissen, was Worte wie Kampf und Krieg bedeuten.'

Langeweile, das war etwas, mit dem sich Rokudo auskannte. Er hatte schließlich oft mit ihr zu tun gehabt und ebenso oft war er ihr wieder entflohen. Langeweile war schreckliche, wie er wusste.
"Und, gehöre ich deiner Meinung nach zu diesen Idioten?", erkundigte sich Rokudo neugierig. Er wusste ja nicht, wie sie ihn einschätzte. Und er wollte es gerne wissen.
Das wollte er immer wissen.

"Weiss nicht. Du scheinst den Kampf ja zu meiden, von daher kann ich das nicht so beurteilen. Ich habe dich lange nicht gesehen..." Gute 4 Jahre um genau zu sein.
"Andererseits... Du bist doch immer noch mein Onii-san, nicht wahr?", frage sie und blickte mit beinahe ängstlichen Augen zu ihm hoch.

"Nein wie hinreißend. Ihr zwei scheint euch ja wirklich gut zu verstehen." Kaito war wieder zu ihnen getreten. Er hatte schlussendlich alles nötige gefunden, was er zu einer Untersuchung brauchte.
Kurz warf er Arisu einen Blick zu. Das Mädchen und Rokudo waren also 'Geschwister', so so. Dabei hatte sie Kaitos Meinung nach nun wirklich nichts großartiges zu bieten. Was konnte Rokudo also nur so toll an ihr finden? Der Silberhaarige schüttelte verständnislos den Kopf. "Ich will euch zwar nicht in eurer Unterhaltung stören, aber ich wär dann soweit."

"Warum so abweisend, Kaito-san? Ist es nicht in Ordnung, wenn andere Leute sich gut verstehen?", fragte sie den Älteren und klang dabei wirklich vollkommen ahnungslos.

"Natürlich bin ich der noch. Arisu, was stellst du bloß für Fragen?", wunderte sich Rokudo und fuhr ihr kurz durch die Haare.
Er war nicht wirklich ihr Bruder, nein. Er hatte sie einfach gern und das war ja schon das höchste, was man bei ihm erreichen konnte. Immerhin war es nicht bloß reine Sympathie, sondern er hatte sie eben gern, das war etwas anderes.
"Er hat nichts dagegen, er findet es nur seltsam.", erklärte er der Jüngeren. "Und wir können übrigens gleich anfangen, Kaito"

"So kann man es natürlich auch ausdrücken. Aber wenden wir uns wieder wichtigeren Themen zu. Rokudo, wenn ich dich bitten dürfte dein Hemd auszuziehen? So kann ich besser arbeiten und ich glaube nicht, dass du es ,zerfetzt und befleckt wie es ist, noch weiterhin tragen willst."

"Nein, das möchte ich in der Tat nicht", murmelte der Angesprochene und knöpfte die letzten Perlmuttknöpfe auf, die den Stofffetzen noch zusammenhielten. Es waren nicht besonders viele.
"Also, was jetzt, Herr Doktor?"

"Jetzt nehme ich dir zuerst ein wenig Blut ab und dann brauche ich noch eine Probe des verbrannten Gewebes." , klärte Kaito den Schwarzhaarigen auf, ehe er sich an die Arbeit machte. Sorgfältig füllte er eine Spritze mit dem Blut des Eiskünstlers und scharbte mithilfe eines Messers einige Gewebeproben von der Wunde. Obwohl letzters wohl ziemlich schmerzhaft sein musste, verzog sich Rokudos Miene nur minimal. Kaito bewunderte ihn für dessen Selbstbeherrschung. Nach einer Weile hatte er alles beisammen, was er brauchte. "Okay das war's. Danke für deine Kooperation.", meinte der Blauäugige lächelnd und betrachtete seine 'Ausbeute'. "Es kann allerdings ein wenig dauern, bis ich die Proben analysiert habe."

Ronin senkte betroffen den Blick, als Kuro ihm und den anderen die Nachricht überbrachte. Er fühlte sich doch schuldig, schliesslich hätte er auch etwas sanfter mit Riku umgehen können, dann wäre der vielleicht gar nicht erst los gezogen.
Der Samurai hockte sich an einer sandigen Stelle auf den Boden. "Was wollen wir jetzt tun? Kuro weiss zwar, wo Rokudos Versteck sich befindet, aber ich bezweifle, dass der Halunke da jetzt noch bleiben wird. Nicht lange genug jedenfalls, denn Kuro kann uns nicht alle tragen und muss sich ausruhen."

Rokudo nickte und ließ eine durchscheinende Eisschichte entstehen, die die - nun wieder - blutende Wunde auf seinem nackten Oberkörper verschloss.
"Gut, gib mir Bescheid, wenn du so weit bist. Wir brechen gleich danach auf. Tokomi hat sich hingelegt, gib Acht, dass du ihn nicht weckst", gab er dem Silberhaarigen Bescheid.
"Sag einmal, Arisu, du hast doch sicher noch meine Sachen da, oder?" Er hatte sie immerhin darum gebeten, etwas zu behalten, falls er es einmal brauchen sollte.
Wie jetzt zum Beispiel. Der weiße Stofffetzen, der auf dem Boden herumkugelte war nämlich sein letzter der Art gewesen.
Und er hatte eigentlich herzlich wenig Lust in einem Umhang gehüllt herumzulaufen. Der war so schrecklich hinderlich! Oben ohne käme aber auch nicht so gut...

Mariko überlegte. Vielleicht war das die Gelegenheit, um Sonzu befreihen zu können!
"Sag, Kuro, bist du sehr erschöpft?", fragte sie den schwarzen Drachen und strich ihm fast schon liebevoll über die Schnauze.
Wenn sie sich beeilten kämen sie vielleicht noch bevor Rokudo ihnen aufs neue entwischte!

"Ehm... ja, schon... eigentlich", murmelte Arisu ausweichend. "Aber die sind ganz schön staubig und so..." Und so ein bisschen Mottenzerfressen. An Lavendelsträusse oder ähnliches hatte sie nicht gedacht und vor vier Jahren waren diese Schmetterlinge der Nacht für sie unglaublich faszinierend gewesen.

Sofort richtete der Dunkelhaarige seinen stechenden Blick auf sie. "Was hast du getan?", knurrte er leise. Diesen Tonfall kannte er so unglaublich gut.
Diesen ´So eine blöde Scheiße aber auch, was muss er mich danach fragen´- Tonfall, den hatte er für seinen Geschmack schon viel zu oft gehört.

"Ich hab gar nichts getan", verteidigte Arisu sich halbherzig. Es war ja die Wahrheit. Dass das 'nichts-tun' dann der Fehler am ganzen war, konnte man ja mal aussen vor lassen.
"Weisst du was? Ich werd mal schauen, was sich machen lässt. Ausserdem muss das da...", sie deutete auf das blutige Eisding an seiner Brust, "...verbunden werden. So kannst du doch nicht rumlaufen!" Jetzt klang sie richtig schön vorwurfsvoll, wandte sich dann um und verschwand bei der nächsten Treppe nach Oben.
Eine gute halbe Stunde später tauchte sie wieder auf mit einem Hemd, bei dem sie sogar nur ein Loch hatte flicken müssen. Sie fand Rokudo im unteren Wohnraum, wo Tokomi auf dem Sofa in der Ecke schlief und wo man Kaito um die Ecke an seinen provisorischen Geräten hantieren hören konnte.
"Beobachtest du?", fragte sie Rokudo neugierig und streckte ihm das Hemd entgegen.

"Mhm", murmelte der Dunkelhaarige und sah von den großen Spiegeln vor ihm auf. Sein Gesicht glättete sich etwas, als er erkannte, dass es tatsächlich ein weißes Hemd war, dass sie ihm hinhielt.
Zu der geflickten Stelle sagte er nichts, vorallem deshalb, weil sie so gut wie unsichtbar war. Da hatte Arisu Glück gehabt.
Dann sah er zu dem Verbandszeug in ihrer anderen Hand und verzog das Gesicht. "Muss das denn wirklich sein?", fragte er und klang in dem Moment fast schon wie ein Kind, das etwas nicht mochte. Wie gut, dass ihn Kaito und Tokomi nicht hören konnten. Das hätte die beiden etwas verunsichert.
Er seufzte leise und ließ die Spiegel etwas von sich weg rücken.

"Nein, aber ich bestehe darauf. Und sonst kann ich dir das Hemd auch wieder wegnehmen. Das Versteck findest du ja doch nicht. Also, sei lieb und mach das Eis weg", bat sie ihn betont geduldig.
Als er dem endlich nachkam, säuberte sie die Wunde nochmal vorsichtig, um sie dann sorgfältig zu verbinden.
Dazwischen schielte Arisu doch immer mal wieder auf die Eisspiegel. Eigentlich hatte sie es sich, nachdem sie eine gewisse Zeit mit Rokudo verbracht hatte, angewöhnt, keine Fragen zu stellen. Andererseits war das vier Jahre her und sie war neugierig. "Rokudo, ich hab eine Frage: Was ist an denen da und an dem, den ich dir wieder eingefangen habe, so toll?"

"Sie haben Schneid und sind nicht die typischen 08/15 Gegner. Was zum teil daran liegt, dass sie Nuke-Nin sind. Aber egal.
Der, den du mir zurückgeholt hast, hat was gemacht, dass für mich nicht in Ordnung war. Deswegen darf er jetzt immer zusehen, wenn ich jemanden umlege. Meine Art der Rache"
Der Dunkelhaarige zog sich das Hemd über und knöpfte es sorgfältig zu. Er musste einkaufen gehen. Sonst platzte ihm beim nächsten Mal ernstlich der Kragen und das war nicht schön.
Schließlich wollte er ja - halbwegs - Vorbild sein. Und das assoziierte er nicht mit tobender Wut.

Kuro wusste worauf Mariko hinauswollte, schüttelte rasch den Kopf. ~Es würde gehen, wenn ich nur dich tragen würde. Aber allein bring ich dich nicht in dieses Rattennest. Denselben Fehler mache ich nicht noch einmal.~

"Ich hätte auch eine Reisemöglichkeit. Aber der hochnäsige Bastard wird keinen Fremden tragen", bemerkte Ronin nachdenklich.

--

Arisu nickte. "Was das angeht... sei vorsichtig bei ihm. Ich glaube, wenn der dir ausbüxt, dann wirst du ebenso zum Ziel seiner Rache." Sie war zwar gewiss keine Expertin in sowas, aber Sonzus Hass war deutlich zu spüren gewesen.
Sie betrachtete den Spiegel, der Mariko und die anderen zeigte. "Rokudo, wenn ihr hier aufbrecht, nimmst du mich dann diesmal mit?"

Kurz zögerte der Dunkelhaarige, ließ den Blick von dem Spiegel zu Arisu und von der wieder zu dem Spiegel zurückscheweifen. Dann seufzte er.
Er hatte sie bereits hier hineingezogen. Das konnte er nun nicht mehr rückgängig machen. Und indem er sie mit sich nahm, konnte er darauf Acht geben, dass sie keinen Blödsinn machte.
"Ja, ich werde dich dieses Mal mitnehmen", meinte er dann.

Arisu lächelte erfreut. "Du bist grossartig! Keine Sorge, ich werde euch schon keine Last sein. Und die Zweifel der anderen kann ich bestimmt auch nich ausräumen", versprach sie.