Aka

Sonzu zuckte die Schultern. "Hätt ja sein können. Nimm einfach wenn möglich Rokudo nicht mit." Er würde hier sein. Oder vielleicht mal beim Einkaufen. Jedenfalls hatte Sonzu keine Lust mehr weg zu laufen.

"Ich kann's versuchen, nicht aber versprechen." , antwortete Kaito wahrheitsgemäß und gähnte. "Aber naja ich verzieh mich dann mal und lass euch zwei noch ein wenig 'die Zeit genießen'." Die bloße Vorstellung von dem was Mariko während seiner Abwesenheit mit dem Blonden machen könnte erfüllte Kaito zwar mit einer Mischung aus Widerwillen und Ekel, doch er hattte sich jetzt nunmal dazu entschieden Sonzu einen Gefallen zu tun. Wehe der wusste nicht zu schätzen was er da eben gesagt hatte!

Wenige Minuten später war Kaito auch schon in ihre Unterkunft zurückgekehrt, wo er sich direkt seinen heißersehnten Kaffee gönnte. Oh, wie hatte er den den heute Morgen vermisst.

Kurz darauf bequemte sich auch Tokomi aus dem Zimmer und gesellte sich zu Kaito in den Salon. Oder was auch immer es jetzt genau war. Er kannte sich bei so grossen Häusern und Bezeichnungen nicht aus.
Mit einem Seufzer liess er sich in einen der Sessel sinken. "Himmlisch, diese Ruhe. Kaito, das war eine gute Idee." Ja, er hatte gelauscht. Aber die waren ja auch selber schuld, wenn sie das im Gang besprachen.

"Nicht wahr?", meinte Kaito zustimmend und nippte an seinem Kaffee."Ich dachte mir, dass es wohl kaum falsch sein würde den beiden einen letzten Wunsch zu gewähren und so für etwas Ruhe in diesem Haus zu sorgen. Wie ich sehe scheinst du dich ja über ihre Abwesenheit zu freuen. Rokudo wird es hoffentlich nicht anders gehen und Mariko ist sowieso bald tot. Schön, umso weniger Probleme für mich. Langeweile hab ich trotzdem." Jaja kaum war Sonzu verschwunden war er wieder da: Kaitos altbekannter Beschäftigungsdrang. Nun passierte aber auch gar nichts interessantes mehr in diesem Haus.

"Hm." Tokomi schwieg einen Moment und blickte nachdenklich ins Leere. Ihm machte Langeweile gerade wenig aus. Damit musste man auch leben. Nur fürchtete er, dass sich die aufgestaute Energie dann am falschen Ort zur falschen Zeit entladen könnte.
"He, Kaito", fragte er nach einer Weile, "was hast du gefühlt, als dein Heimatdorf niedergebrannt ist?"

"Was ich damals gefühlt habe?" Der Silberhaarige sah auf, hob eine Augenbraue. Tokomis plötzliche Frage überraschte ihn. "Wieso interessiert dich das?", meinte er dann, zog jedoch trotzdem ein nachdenkliches Gesicht. Das Ganze war schon einige Jahre her, was es nicht gerade leichter machte, sich in die Situation zurückzuversetzen. Eine Weile schwieg er, erinnerte sich an jenen Tag. "Frust." war das erste Wort, dass ihm einfiel. "Vielleicht auch ein wenig Trauer und Wut, aber vor allem war da wohl diese riesige Frustration."

"Weshalb Frust?" In Tokomis Blick glänzte Neugierde. Auch er verspürte Frust, doch der war noch viel grösser gewesen, bevor er sein Elternhaus letzte Nacht angesteckt hatte.

"Was würdest du denn davon halten, wenn vor deinen Augen alles, was dir wirklich wichtig war in Flammen aufgeht? Zugegeben ich war jung, aber ein durchaus begabter Wissenschaflter. Und ehrgeizig. Ach wie war ich damals nicht scharf darauf etwas völlig neues, eine noch nie dagewesene Waffe zu entwickeln. Ich wollte meine Feinde nicht einfach nur töten -nein- Ich wollte sie kontrollieren, ihren Willen brechen und sie so in die Knie zwingen, um ihrem armseeligen Leben ein Ende zu bereiten ohne sie auch nur berühren zu müssen. Meine Forschungen bedeuteten mir damals alles. Nach dem Angriff musste ich noch einmal fast von Null beginnen." Er seufzte und nahm erneut einen großen Schluck aus seiner Kaffeetasse. Was würde er nicht dafür geben noch einmal einen Blick in einige der Dokumente aus seiner früheren Sammlung zu werfen.

"Ich weiss nicht, was ich davon halten würde. Oder was ich davon halten soll. Hast du das Feuer letzte Nacht gesehen? Mein Werk. Rokudo hat's wohl gefallen. Es war das Haus meiner Eltern, das Haus, in dem ich gross gezogen wurde. Und das nebenan vielleicht auch. Aber... ich kann's einfach nicht bereuen." Und das war es, was ihn an der ganzen Sache so verstörte. Er war kein Mörder, kein Psychopath oder ähnliches. Er war einfach nur ein Junge mit etwas Talent, einer grossen Portion Ehrgeiz und einer gewissen Abneigung gegenüber mancher Arten von Menschen. Gewesen.
"Boah ey, das macht mich fertig", murmelte er leise an niemanden gerichtet. Natürlich, die Sache mit Rokudos Spiel war auch nicht ganz ohne, aber da war er nicht der Drahtzieher, sondern nur eine Marionette, was ihm in dem Fall auch nichts mehr ausmachte. Er hatte sich an Rokudo und seine Vorgehensweisen gewöhnt. Tokomi hatte das 'Spiel' auch nie richtig Spass gemacht. Das tolle daran für ihn war gewesen, seine Fähigkeiten erproben zu können.

Tokomis Werk? Okay, das kam..überraschend. "Ich wusste zwar, dass du früher schon ein Rebell warst, aber sowas hätte ich dir dann nun doch nicht zugetraut." Kurz hielt Kaito inne, schmunzelte, suchte sich die richtigen Worte zusammen. "Hör zu. Zu sagen, dass du für die Sache gestern nichts kannst wäre wahrscheinlich gelogen. Immerhin hast du eben selbst gemeint dass es dein Werk war. Ich weiß nicht warum du das getan hast. Du brauchst es mir auch gar nicht erst zu sagen. Vielleicht haben dich deine Gefühle überrannt...mein Gott, du bist auch nur ein Mensch. Das geht doch jedem mal so. Was auch immer der Auslöser deiner Tat war ich bin mir jedenfalls sicher du hattest deine Gründe." Es folgte ein Moment der Stille, in dem er den Blonden nachdenklich musterte.
"Ich habe nie versucht dich näher kennenzulernen Tokomi. Trotzdem habe ich genügend Zeit mit dir verbracht, um zumindest eine Sache feststellen zu können: Du bist nicht mehr wie früher. Niemand von uns ist noch der Gleiche. Die vielen Kämpfe, die verschiedensten Situationen, Rokudos Spiel, die Zeit und noch viele andere Dinge. Das allles hat uns doch geprägt, geformt und zu den Menschen gemacht, die wir heute sind. Solange wir leben werden wir uns verändern, das ist eine Tatsache, die jeder irgendwann akzeptieren muss." Prüfend warf Kaito einen Blick in seine mittnerweile leere Kaffeetasse, ehe er aufstand, um sich Nachschub zu besorgen. Auf dem Weg zum Kaffeeautomaten klopfte er Tokomi auf die Schulter.
"Hör einfach auf dir irgendwelche Vorträge zu halten und dem Geschehenen nachzutrauern. Das bringt nämlich niemandem etwas, glaub mir."

Es war mehrere Wochen später, Kaito war bei Sonzu zu Besuch und Sonzu hatte sich mit ihm ins Schlafzimmer verzogen. Mariko war spurlos verschwunden, sobald sich auf Sonzus Gesicht dieser schuldbewusste Ausdruck gezeigt hatte, der immer dann auftauchte, wenn er Kaito draussen spürte. Nicht dass das allzu häufig wäre, aber doch genug, dass es fast sowas wie eine Routine war.
So schaffte es Sonzu eigentlich auch nie, sich ganz Kaito zu widmen, weil da einfach zu viele Schuldgefühle im Raum hingen. Gegenüber Mariko, sich selbst und sogar gegenüber Kaito.
Auch jetzt sass er einfach stumm gegen Kaitos Brust gelehnt, mit einer Hand etwas abwesend über seinen Oberschenkel streichend, während er darauf wartete, dass Kaito endlich das Ruder übernahm. Denn auch wenn der Silberhaarige gesagt hatte, dass er nur wolle, wenn Sonzu auch wollte, ewig warten würde Kaito auch nicht. Das änderte sich einfach nicht über Nacht.

Mariko fuhr sich panisch uber die Augen. Nein, das ging nicht. Das konnte doch jetzt nicht sein! Das durfte doch nicht sein!
Sie zitterte und schniefte. Das waren sicher die Hormone. So eine gottverdammte Scheiße!
Die Nukenin war kurz vorm Durchdrehen. Und dabei konnte sie sich noch nicht einmal sicher sein!
Aber eigentlich war sie sich ja sicher. Wären da nicht diese Zweifel, die in ihr ausbrachen. "Mariko?", die Stimme der Katze riss sie aus ihren Gedanken, die sich träge im Kreis drehten. Sie zuckte zusammen. "Alles in Ordnung?"
Die junge Frau spürte das vertraute Gewicht auf ihrem Bauch und schüttelte den Kopf. Sie hatte sich nach Draußen, in den Garten, verzogen. Dahin, wo sie alleine sein konnte, auf niemanden Acht geben musste.
"Nichts ist in Ordnung!", meinte sie und versuchte verzweifelt die Beherrschung zu wahren. "Absolut gar nichts!"
Verwirrt schwieg die Katze und rollte sich konfus auf Marios Bauchdecke zusammen. Mariko weinte, erkannte sie verblüfft. Und das sollte schon etwas heißen. "Warum bist du traurig?"
Erneut schüttelte die Blondine den Kopf. Das war es eben. Sie war nicht traurig. Vielleicht schon, ein wenig, aber größtenteils war es etwas anderes, dass sie Tränen vergießen ließ. Angst und Wut, wobei letztes sich nicht auf bestimmte Personen richtete.
"Ich bin nicht traurig", stieß sie hervor.
Das verwirrte die Tintenkatze nun völlig. Man weinte doch nur wenn man traurig oder glücklich war, oder? Und Mariko sah nicht sonderlich glücklich aus, also musste sie traurig sein!
Oder?
"Aber was dann?", hakte sie nach. "Es ist einfach so idiotisch.", nuschelte Mariko und wischte sich die Wangen trocken. "Was?"
"Alles", murmelte Mariko. Sie wagte den Verdacht, den sie in der letzten Zeit nur bestätigt gefunden hatte gar nicht auszuprechen.
"Hm."
Tenshi sah forschend in Marikos Gesicht und fand es zu ihrer grenzenlosen Erleichterung wieder etwas ruhiger vor. Sie kuschelte sich an die Nukenin und spürte schon bald die Hand in ihrem Fell.

Eine Weile sah Kaito dem Blonden noch bei seiner recht eintönigen Tätigkeiten zu, ehe er seufzte und selbst zur Tat schritt indem er damit begann Sonzus Hals mit sanften Küssen zu bedecken und seine Hand langsam tiefer gleiten lies. Mariko war spurlos verschwunden und Sonzu wusste was er wollte. Immerhin hatte sich der Silberhaarige in den vergangenen Wochen nun wirklich darum bemüht dem Blonden eine Freude zu machen. Was mit Mariko war interessierte den Silberhaarigen nicht. Fakt war, dass er doch wohl etwas verdient hatte, oder nicht? Egal was er vor einigen Tagen noch gesagt hatte. Er brauchte das jetzt einfach. Selbst wenn es nur bei einer 'Kleinigkeit' blieb.

"Ich versuch's doch", murmelte Sonzu, als ihn ein beinahe schon vorwurfsvoller Blick von Kaito traf. Tat er wirklich. Und würde er ihm jetzt auch beweisen. Er schob seine Hand in Kaitos Haar und löste ihn sanft von seinem Hals, um seine Lippen auf Kaitos zu legen. Seine Zunge fragte vorsichtig nach Einlass, der ihr - oh Wunder - natürlich nicht verwehrt wurde. Er wollte sich gerade daran machen, Kaitos Mundhöhle genauer zu erkunden, als er zurück schreckte und den Kopf zur Tür drehte. "Da stimmt was nicht." Er fühlte, dass Marikos Chakra in Aufruhr war. Und das, obwohl er doch versuchte, sie auszublenden.

Gar kein so schlechter Versuch. Kaito schloss die Auge und genoss Sonzus Kuss in vollen Zügen, erwiderte ihn mit zunehmender Begierde. Er wollte mehr. Natürlich. Gerade wollte er sich an Sonzus Sachen dranmachen, als sich dieser plötzlich von ihm löste und zur Tür sah. "Was ist los?" , fragte er den Blonden ein wenig verwirrt und versuchte ihn dazu zu bringen das Ganze zu ignorieren und sich wieder ihm zuzuwenden. Vergeblich. Nun sah auch er zur Tür, verengte jedoch die Augen zu Schlitzen, als er begriff was, wen, Sonzu meinte. "Mariko...das darf doch nicht wahr sein!", zischte der Silberhaarige und raufte sich durch die Haare. Diese...diese...ach verdammt, immer musste sie dazwischenfunken!

Was auch immer los war, an Kaitos Anwesenheit konnte es nicht liegen. Das konnte sie verkraften, das wusste er. Aber was denn sonst? ~Mariko?~, fragte er vorsichtig.

Erschreckt zuckte sie zusammen, als die fast schon zaghafte Stimme in ihrem Kopf vernahm.
Oh verflucht, das hatte sie nun wirklich nicht gewollt. Scheiße!
~Nein, geh weg!~
Sie konnte nicht verhindern, dass die erzeugte Stimme in seinem Kopf wie ein Abbild ihrer momentanen Gefühlslage war.

Sonzu verdrehte innerlich die Augen. Jetzt wars eh schon zu spät. Und sie klang wirklich nicht gut. "Kaito, kannst du mir fünf Minuten geben? Bitte?"

Kaito seufzte. Er hatte ihn längst aus seinen Armen freigegeben. "Tu was du nicht lassen kannst." , murmelte er bloß.

Sonzu wuschelte ihm kurz aufmunternd durch die Haare. "Wenns nicht grad ein Weltuntergang ist, komm ich ja gleich wieder." Rasch schlüpfte er aus dem Zimmer und trat dann durch die Haustür ins Freie. Mariko entdeckte er mit Tenshi am Rand des Gartens sitzend. Ohne Jacke. Das ging nicht, es würde verdammt schnell kalt werden und der Wind zog jetzt schon. Aber so wie sie aussah, hatte sie gerade andere Probleme.
"Hey, Mariko", sprach er sie leise an, legte ihr eine Hand auf die Schulter und ging neben ihr in die Hocke. "Was ist denn los?"

Mariko sah auf und klammerte sich im nächsten Moment schutzsuchend an Sonzu, allerdings ohne ihn dabei umzuwerfen.
Was würde er bloß dazu sagen? "Ich...", begann sie mit ungewöhnlich leiser und kleinlauter Stimme. "Ich hab Scheiße gebaut."
Zumindest dann, wenn sie Recht mit dieser Vermutung hatte.

"Wie denn das?" Das Haus stand noch, der Garten sah intakt aus und es schien keine Ninjakohorte unterwegs zu sein. Was um alles in der Welt konnte sie so aufwühlen?

Die Blonde biss sich auf die Lippe und drückte sich enger an Sonzu, wagte es nicht wirklich aufzusehen. Tenshi war bereits geflüchtet um nicht zu Tintenbrei zerquetscht zu werden, doch jetzt kam sie wieder näher.
Sie wollte eben auch wissen was Mariko so aufbrachte.
"Ich glaub ich brauche einen Schwangerschaftstest", murmelte die Nukenin schließlich leise.

Sonzu erblasste und setzte sich erstmal ins Gras. "Oh Scheisse."
~Kaito? Der Tag ist gelaufen, die Welt ist soeben untergegangen.~
Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. "Wie sicher bist du dir?", fragte er Mariko nach einigen Sekunden, in denen er keinen Ton rausgebracht hatte.

"Ziemlich sicher", nuschelte sie.
Oh ja, das war die Reaktion, die sich jede Frau erhoffte. Aber eigentlich konnte sie ihm ja keinen Vorwurf machen. Immerhin war es nicht gut.
Nicht in ihrer jetzigen Situation.