Aka

Abschätzend betrachtete Rokudo den jungen Burschen. "Hm...", murmelte er und legte seinen Laptop zur Seite, um aufzustehen und sich Hello zu nähern und ihn etwas genauer in Augenschein zu nehmen.
"Eigentlich habe ich ihn nicht in Erinnerung. Glück für ihn", meinte er und stubste den Burschen an. "Kann der Kleine uns noch hören?", fragte er Tokomi, anstatt dessen Frage wirklich zu beantworten.
Er musste sich noch überlegen, was er mit dem hier machte. In der Wüste aussetzten zum Beispiel...oder einfach laufen lassen. Vielleicht.

"Hören, sehen, riechen, vermutlich sogar beissen, wenn du ihm den Finger vor die Zähne hältst. Ich hab ihn nur vom Hals an abwärts geschockt", erklärte Tokomi. Das war natürlich nicht ganz risikofrei gewesen, aber dann und wann musste er das ja auch irgendwie üben.

"Also, kann er noch sprechen?", wollte Rokudo dann wissen.
Mal sehen, ob der hier irgendwie nützlich sein konnte. Er sollte vielleicht erst einmal fragen was der da überhaupt war. Immerhin wusste er ja nichts über den, außer, dass Kaito ihn gestern Abend in einer Bar aufgegabelt hatte.
Und das stellte ihn nicht wirklich zufrieden.

"Klar, vielleicht traut er sich nur nicht. Hey Kleiner, nicht so schüchtern, wir fressen dich nicht und Kaito ist nicht mehr da."
"Nenn mich nicht so!", brummte Helloween, nachdem er Luft geholt hatte, was ihm noch immer nicht ganz leicht fiel. Aber er war garantiert mindestens fünf Jahre älter als der Angeber.

"Wie soll man dich denn dann nennen? Unbekannter, Bursche oder Herzchen? Du kannst uns auch einfach deinen Namen sagen, das geht natürlich auch", spöttelte Rokudo und ließ sich vor dem anderen in die Hocke sinken.
"Also, was wäre dir denn am Liebsten? Ich bin da ganz flexibel..."

"Nenn mich Helloween." Sein Name war nicht von Belang. "Und mit wem habe ich die Ehre?"

"Rokudo. Die Ehre ist ganz auf meiner Seite", gab der Dunkelhaarige spöttisch zurück, ehe er sich interessiert nach vorne lehnte. "Was machst du hier in diesem wunderschönen Städtchen so?"

"Ich bin nur auf der Durchreise, wobei ich mir mein täglich' Brot verdiene." So verhört zu werden gefiel ihm überhaupt nicht, aber er hatte keine Lust auf weiteren Ärger und hoffte solchen zu vermeiden, indem er einfach brav antwortete. Er hatte nichts zu verbergen. Auch wenn er manche Dinge wie seinen Namen lieber nicht jedem anvertraute.

"Und womit verdienst du dir deinen Lebensunterhalt?", wollte Rokudo nun wissen. Der Name würde später noch dran kommen, aber an einen Typen namens Helloween konnte er sich nicht erinnern.
Er fand den Namen seltsam, aber jedem das seine. "Und bist du allein?"

Ah, jetzt wurde die Sache komplizierter. "Ich jage Köpfe. Jeden, auf den ein Kopfgeld aufgesetzt ist und der mir nicht eine Nummer zu gross erscheint. Und nein, ich bin nicht alleine, wenn's nicht sein muss."

"Nicht, wenn es nicht sein muss? Heißt das du bist aktuell nicht alleine?"
Jetzt wurde es für ihn spannend, das war eine der Informationen, die darüber entschieden, was er mit dem Bürschchen anstellen sollte.
Die anderen Fragen hatten eher dazu gedient die wichtigen Fragen von den weniger wichtigen nicht so abzugrenzen. Und er hatte es einfach wissen wollen.

"Aktuell schon, jedenfalls sehe ich niemanden hier, der zu mir halten würde." Die Typen hier behandelten ihn ja nicht gerade wie einen Ehrengast, du würde er Cris bestimmt nicht einfach an sie verpfeifen.

"Hm...also würde dich auch keiner vermissen, wie ausgesprochen tragisch", murmelte Rokudo.
Es war nicht direkt so, dass er Helloween für eine Gefahr hielt. Aber er mochte Kopfgeldjäger nicht. Vermutlich war auch auf seinen Kopf schon eine Belohnung ausgesetzt. War ja nicht so, dass er in allesn Städten den braven Geschäftsmann spielte.

"Warum sollte das für dich einen Unterschied machen, wenn du sowieso schon vor hast, mich loszuwerden? Ausserdem gäbe es bestimmt ein paar Leute, die meinen Tod nicht sonderlich toll fänden." Vermissen wäre in den meisten Fällen wohl übertrieben, aber es war nicht so, als ob er nur Feinde in der Welt hätte.

"Machst du Witze? Natürlich macht das einen Unterschied!", brummelte Rokudo. "Hättest du jemanden wäre es doch langweilig dich zu töten. Nein, das ginge nicht."
"Und die, die deinen Tod nicht toll finden würden interessieren mich ehrlich gesagt nicht sonderlich. Wie sollen sie denn auf den Gedanken kommen, dass du hier bist?"

Es wäre... langweilig, wenn er jemanden hätte? "Versteh ich nicht. Was würdest du tun, wenn ich jemanden hätte?"

Rokudo verdrehte die Augen. "Banausen, allesamt Banausen", schnaubte er.
Wie konnte man das denn nicht verstehen? Das war einfach und logisch. Aber der hatte ja keinen.
"Warum interessiert dich das? Du hast doch keinen. Oder willst du mich dann darüber aufklären, dass du doch jemanden hast?"

Zwei funkelnde Iriden beobachteten von oben die sich darbietende Situation, erfassten jedes noch so kleine Detail. Hier steckte der Blonde also. Was zum Teufel hatte er in diesem Haus zu suchen?! Lautlos schritt das katzenähnliche Wesen über die Dachbalken des Raumes, während sich seine Nackenhaare sträubten. Was es mitbekommen hatte empörte und verwunderte es zugleich. Die Mission wäre beinahe gescheitert und Hello hatte anscheinend nichts besseres zu tun gehabt, als urplötzlich den "schwulen bad boy" zu mimen und sich freiwillig mit irgendeinem dahergelaufenen, vollgesoffenen Idioten zu vergnügen? Unsicher zuckte Rej mit dem Schweif. Nicht nur, dass er den Blonden bisher stets als hetero empfunden hatte, so eine Aktion sah ihm ganz einfach nicht ähnlich. Zudem sah das gerade ganz so aus, als befände sich Hello in einer eher unglücklichen Situation. Wahrscheinlich sogar eine wahre Zwickmühle, wie Rej anhand des Gesprächsverlauf und den Gesichtsausdrücken der Beteilligten vermutete. Seltsam, seltsam. Das Wesen wartete noch einige Augenblicke, ehe etwas anderes für einen kurzen seine Aufmerksamkeit erregte: Ein schwaches Glitzern vor dem Fenster. Zweifellos ein Zeichen seiner Gefährtin. Rej verstand und handelte.
Ein helles Miauen hallte durch den Raum, worauf dem Kater fast augenblicklich drei ziemlich überraschte Blicke entgegneten. Kurz darauf stieß sich Rej auch schon ab, sprang direkt auf die Truppe zu, während die Kristallkugel an seinem Schweif aufleuchtete und den Raum in ein grelles, blendendes Licht tauchte. Als es abflaumte hatte Tokomi bereits Bekanntschaft mit der wenige Meter entfernten Möbellierung gemacht und ein schlankes Mädchen mit hellbraunen Haaren den Platz neben Rej eingenommen. "Überraschung! Sag mal Hell was treibst du da eigentlich?"

"Ich glaube, ich versuche uns aus einer Schlinge zu reden. Aber ist jetzt auch egal. Pass auf den Schwarzhaarigen auf, der kommt mir bekannt vor. Rang A, mindestens." Irgendwie war er ja doch erleichtert. Ärgerlich, dass er sich noch immer nicht rühren konnte. Die Gegner waren so in der Überzahl.
"So viel zum Thema 'allein'", knurrte Tokomi und stemmte sich hoch. Die Spannung um ihn herum stieg praktisch automatisch, doch er blickte zögernd zu Rokudo. Er konnte hier drin nicht loslegen, wenn er nicht alles kurz und klein hauen wollte.

Rokudo lachte amüsiert auf. Aufpassen? Also wirklich, auf ihn musste doch nicht aufgepasst werden.
Er bemerkte Tokomis fragenden Blick und überlegte kurz, ehe er sich Helloween schnappte. Der konnte sich ja gerade nicht wehren, umso besser für ihn. Er packte den anderen am Kragen und warf ihn sich förmlich über die Schulter.
"Das Gespräch wird im Garten fortgesetzt!", rief er noch über die Schulter, ehe er die Terrasse öffnete und nach draußen lief, ganz einfach ohne Proteste auch nur im Ansatz zu beachten.
Da drinnen war sein Laptop und er wollte nicht, dass der eventuell noch Schaden nahm, nur weil Tokomi es ein wenig blitzen ließ.
Draußen ließ er Helloween ins Gras neben sich fallen, ohne wirklich auf den noch zu achten. Stattdessen nickte er Tokomi zu. Jetzt konnte der loslegen. Sie waren nicht mehr bei seinem Laptop. Der Rest war egal.

Seine Arme und Beine gaben immer noch unter Helloween nach, doch der Aufprall war diesmal nicht mehr ganz wie auf Watte, eher im Gegenteil. Allzu lange konnte es nicht mehr dauern, bis seine Glieder ihm wieder gehorchen würden. Aber er war unbewaffnet und... Moment mal. Das Plätschern dort irgendwo hinter ihm, ein Teich, ein Swimmingpool? Wie auch immer, es klang nach Wasser. Im nächsten Moment wurde das Geräusch von einem Krachen übertönt, als ein Blitz eine Narbe zwischen ihm und Cris, die ihnen gefolgt sein musste, schlug. Ein Warnschuss von Seiten Tokomis.
Angestrengt drehte Hello den Kopf herum und entdeckte Rokudo am Rande seines Blickfeldes. "Lässt sich das nicht irgendwie anders lösen?" Er vermied unnötige Kämpfe eigentlich lieber, wenn's ging.

Der drehte den Kopf zunächst eher desinteressiert, ehe er sich wieder in die Hocke begab. Wenn der ganz so klein war hielt er es für unangebracht, zu stehen.
"Hm, friedliche Lösung? Wird...deine nicht existente Begleiterin sich denn kooperativ verhalten?", fragte er.

"Solange ihr das ebenfalls tut bestimmt." Cris mochte zwar etwas hyperaktiv sein, aber keinesfalls dumm.

"Hm...", meinte Rokudo nachdenklich, nickte dann und ließ sich neben Helloween ins Gras sinken. Warum eigentlich nicht?
"Also schön, dann sehen wir mal wies läuft. Bleib derweil einfach noch liegen. Ist nicht sonderlich förderlich, wenn man zu früh aufsteht, hab ich mir sagen lassen", fügte er dann noch hinzu und winkte schon einmal Tokomi heran.

Wenn er etwas anderes könnte, als blöd rumliegen, hätte er das sicher längst getan. "He Cris, Rej, kommt mal her, wenn möglich ohne gleich wen zu verprügeln." Dann würden sie hier mal eben schön Kaffeekränzchen halten.
Tokomi hatte derzeit eher unzufrieden die Elektrizität um sich verpuffen lassen. Er fühlte sich noch immer viel zu geladen seit der Sache mit seiner Familie und hätte gerne mal wieder was kaputt gehauen. Dass sie hier nichts zu tun hatten, machte es nicht besser. "Soll ich Kaito auch holen?", erkundigte er sich. Der Kleine war ja immer noch von ihm angeschleppt worden.

"Wenn dann nur im bewegungs und sprechunfähigen Zustand", wies Rokudo Tokomi an, was ungefähr so viel hieß wie ´Nein´.
Immerhin würde Helloween sich vermutlich nur noch mehr aufregen und auf aufgeregtes Geschnatter hatte er gerade jetzt keine Lust.